Book review

Agnes von Wyl, Volker Tschuschke, Aureliano Crameri, Margit Koemeda-Lutz, Peter Schulthess (Hg.): Was wirkt in der Psychotherapie?

DOI: https://doi.org/10.4414/sanp.2018.00502
Publication Date: 28.03.2018
Swiss Arch Neurol Psychiatr Psychother. 2018;169(03):97-98

Silke Bachmann, Littenheid

Agnes von Wyl, Volker Tschuschke, 
Aureliano Crameri, Margit Koemeda-Lutz, Peter Schulthess (Hg.):

Was wirkt in der Psychotherapie?

Buchreihe: Forschung Psychosozial.

Giessen: Psychosozial-Verlag 2016.

173 Seiten, Broschur, 148 x 210 mm.

Preis: € 29,90.

ISBN-13: 978-3-8379-2586-9.

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Insgesamt acht AutorInnen stellen Ergebnisse der «Praxisstudie ambulante Psychotherapie zu 10 verschiedenen Verfahren» vor. Wer den Untertitel auf dem Cover liest, denkt möglicherweise: Diese naturalistische Studie, in der die Realität psychotherapeu­tischer ­Behandlungen hinsichtlich Prozess und Outcome ­untersucht wird, hätte es schon längst geben müssen.

Die Studie entstand im ­Anschluss an die «Schweizer Charta für Psychotherapie». Sie wurde zwischen 2007 und 2012 unter Betei­ligung zweier Universitäten durchgeführt. Die Anzahl der evaluierten ­Verfahren ist der Tatsache geschuldet, dass in der Schweiz ­weitaus mehr Psychotherapieverfahren zu­gelassen sind als in anderen Ländern. Es be­teiligten sich 362 Patientinnen und Patienten (vorwiegend mit Diagnosen affektiver oder Angsterkrankungen) und 81 Thera­peutinnen und Therapeuten, die eine Wei­terbildung in einem der ­folgenden Verfahren ­abgeschlossen hatten: Transaktions- und Existenzanalyse, Logotherapie, Prozessorientierte Psychologie, Gestalttherapie, Bioenergetik, Integrative Körper-, Kunst-, Analytische und Psychoanalytische Psychotherapie. Die Patientinnen und Patienten wurden vor ­Beginn, nach Abschluss und nach einem Jahr katamnestisch untersucht und füllten ­regelmässig Fragebögen aus. In die Auswertungen gingen weiterhin Audioaufnahmen von Therapiestunden ein.

In 12 Kapiteln stellen die Autoren Studien­design, Prozedere, deskriptive Daten, Interventionstechniken u.a. dar. Sie diskutieren ­Ergebnisse zur Bedeutung von Schulen­zu­gehörigkeit, Konzepttreue, Prädiktoren, zeitlichen Verlaufsaspekten und Genderfragen.

Aufgrund von Mehrebenenanalysen kommen sie zu dem Schluss, dass signi­fikante ­Effekte im Prä-/Post-Vergleich nur hinsichtlich globaler psychosozialer Beeinträchtigung und Symptombelastung bei ­Therapiebeginn zu verzeichnen sind. Therapeutenbezogene Prädiktoren konnten nur in Abhängigkeit zum Schweregrad der Erkrankung bestimmt werden, auch das Geschlecht der Thera­peutinnen und Therapeuten spielte lediglich im Zusammenhang mit Prozessvariablen eine Rolle. ­Interessant sind weiter die Befunde zum Einsatz spezifischer, allgemeiner und schulenfremder Interventionen.

Limitationen stellen die Nicht-Beteiligung der Romandie und vor allem der Nicht- Ein­bezug von systemisch- und kognitiv verhaltens­therapeutisch (kVT)- orientierten Therapeuten dar. Allerdings belegt eine Gegenüberstellung mit der Literatur zu Effekten von kVT eine vergleichbar gute Wirk­samkeit der hier untersuchten Verfahren. – Leider überzeugt die Qualität von Abbildungen und Tabellen nicht.

Zusammenfassend wird eine umfangreiche Studie dargestellt, die sich sehr nah an das therapeutische Geschehen heranwagt und ­einen Kontrapunkt darstellt zum Versuch, evidenzbasierte Medizin auf die Psychothe­rapie anzuwenden. Die Lektüre empfiehlt sich sowohl für Therapeuten als auch für ­Forschende.

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